3. 6. Wie können wir uns selbst positiv motivieren?

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Veränderungen wollen und herbeiführen – ohne ‚ja aber‘? Dazu braucht es schon eine starke Motivation – eine Energie, die das Erwünschte geradezu wie automatisch herbeiführt. Als Beispiel wähle ich hier meinen Umstieg in die vegane Ernährung vor knapp zweieinhalb Jahren: Bis zu diesem Umstieg hatte ich mir nicht vorstellen können, dass ich wirklich willens und in der Lage sein könnte, nichts Tierisches mehr zu mir zu nehmen. „Das ist nichts für mich!“ So einfach hätte ich eine konkrete Frage zu dieser Sache kurz abgefertigt.

Doch bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich schon viel angesammelt: meine instabile Gesundheit, die unschönen Tierfabriken, wiederholte Skandale. Doch die Konsequenz daraus zu ziehen und zu sagen: „Jetzt verzichte ich eben auf alles Tierische“, konnte nicht gelingen. Dieser Weg hätte ja in der Konsequenz bedeutet, alle diese leckeren Dinge von nun an nicht mehr essen zu dürfen. Also ein Verbot – eine negative Motivation! Wir sind nicht dafür ausgelegt, etwas nicht zu tun. NICHT ist für uns von Natur aus eine kaum fassbare Größe.

Dann kam mir ein Buch zu Hilfe: ‚Peace Food‘ von Ruediger Dahlke. Der Autor stellte darin drei Dinge in den Vordergrund: 1.die eindeutig belegten nachteiligen Gesundheitsfolgen von Fleischverzehr einschließlich geistig-seelischer und kultureller Folgen bis hin zur kriegerischen Grundeinstellung beim Menschen, 2. die in der Massentierhaltung üblichen Bedingungen sowie Vorgehensweisen – gegenüber gestellt der Tatsache, dass es sich bei unseren ‚Nutztieren‘ um hoch entwickelte, mitfühlende Wesen handelt. Dem folgt dann 3. wie eine logische Konsequenz der Umstieg in eine Tiere verschonende Lebensweise, einschließlich Rezepten für Umsteiger ins Vegane.

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Was war hier anders? Die nüchtern aufgelisteten Fakten waren einerseits erdrückend, andererseits wurde (bei mir) ein Mitgefühl für die gequälten und ausgebeuteten Kreaturen erzeugt. Das war vergleichbar wie zu meiner Kinderzeit bei üblen Schulhofspielen: Sie mögen irgendwie auch reizvoll für nicht Betroffene gewesen sein – für die ‚Verlierer‘ war es jedoch immer widerlich. Doch musste man dabei mitmachen oder es dulden? Da konnte jeder frei entscheiden, ob er Teil einer solchen Kulisse werden wollte oder nicht – ob ich das als ‚gute Unterhaltung‘ betrachten wollte oder nicht. Genau so erging es mir jetzt mit den Tieren: Ich fühlte ihr Leid ebenso wie damals das der gedemütigten und/oder verprügelten Schulhofkinder.

Milch, Käse, Quark, Joghurt, Sahne Butter, Fleisch und Wurst von gefangen gehaltenen Wesen, die eigentlich wie Menschen für die Freiheit geboren sind – auch wenn das ihre Ausbeuter anders sehen würden – das wollte ich einfach nicht mehr hinnehmen und es nicht mehr mit verantworten. Lieber wollte ich anständig mit Tieren umgehen (lassen).

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Im Mittelpunkt stand ich jetzt nicht mehr als jemand, der auf etwas Leckeres verzichten sollte oder musste, sondern es war das Leid der Tiere, die für meinen Genuss ein missliches Leben führen mussten, das mich bewegte, eine Praxis von 62 Lebensjahren aufzugeben. Diese Schuld gegenüber hoch entwickelten Wesen wollte ich nicht länger auf mich laden und die Verantwortung dafür nicht weiter tragen müssen.

Von einem auf den anderen Augenblick war eine andere Qualität von Motivation entstanden: Ich wollte mich nicht mehr selbst als unnötiger Verursacher von Gefangenschaft von fühlenden Wesen begreifen müssen – auf eine Haltungsform, auf die ich für meine Ernährung gar nicht angewiesen bin, weil es für uns reichlich Alternativen zum Essen gibt. Von einem auf den anderen Augenblick war ich, völlig ungeplant bereit, sofort einen Selbstversuch mit veganer Ernährung zu starten. Nur bei echtem eigenen Leiden dadurch wollte ich das wieder aufgeben.

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Die Idee wurde augenblicklich umgesetzt. Mein Leid blieb aus; meine positive Motivation, anständig mit Tieren umzugehen, war stark. Das Ganze bekam mir ausgesprochen gut; Einzelheiten dazu findest du in meinem ersten Erfahrungsbericht nach drei Monaten veganem Leben. Du kannst dir vorstellen, dass ich anderen gerne von meinen überaus positiven Erfahrungen berichtet habe, wenn es dich reizt, den Beitrag zu lesen. Es ist aber an dieser Stelle kein Muss, denn ich wollte an dem Beispiel nur verdeutlichen, wie eine positive Motivation gefunden und aufgebaut werden kann. Der Buchautor hatte im Rahmen meiner jahrelang sich verändernden Grundeinstelung zum Umgang mit Tieren in der ‚Viehwirtschaft‘ lediglich einen noch fehlenden Baustein geliefert: durch eine nachfühlbare Art und Weise der Darstellung zum Thema. Ihm gelang die Öffnung der Türe zu meinem Herzen; er erreichte nicht nur meinen Kopf. Er listete nicht nur Fakten auf, sondern stellte die Tiere auch als vollwertige Wesen dar, denen durch uns Menschen eine artfremde, niedere Existenz aufgezwungen wird. Er zielte auf eine bestehende Wesensnähe zwischen Menschen und den so genannten ‚Nutz-Tieren‘. Das verbindet uns mit ihnen, anstatt uns gefühlskalt von ihnen zu trennen, wie es unsere Fleischfabriken, Schlachthöfe und Verarbeitungsbetriebe durch Verborgenheit im Bereich unserer Alltagserfahrung tun.

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