1.2b. Nach der Entscheidung: Fahrrad statt Auto als Vielfahrer – Wie das sogar ganz gut funktionieren kann

2b. Nach der Entscheidung: Fahrrad statt Auto als Vielfahrer - Wie das sogar ganz gut funktionieren kann

Fortsetzung des Artikels 2a:

Da die letzten beiden Generationen ganz auf das Auto hin sozialisiert wurden, fehlen im eigenen Denken und Fühlen meist wesentliche Voraussetzungen, um sich ganz aufs Radfahren einlassen zu können.

Auch technische Möglichkeiten sind daher nicht ausreichend bekannt – die Fahrradtechnik hat in den vergangenen 25 Jahren gewaltige Fortschritte gemacht, die das Fahrrad als Verkehrsmittel enorm aufwerten, solange man sich Hochwertiges zulegt und nutzt.

Fahrradtypen, Verschleiß und Wartung, Diebstahlschutz, Lastentransport, Kosten im Jahreslauf,
Strecken und Streckenwahl, Fahren im Winter –
das sind die Themen dieses Artikels. Dabei geht es um ungeschönte Aussagen; Unangenehmes wird nicht ausgeklammert.

Mein Ziel ist es, dir Mut zu machen, auf das Rad statt auf das Auto zu setzen.

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27. 11. 2012

1. FAHRRADTYPEN:

Zum Beginn wählte ich

a) EIN HOCHWERTIGES CITY-BIKE,

Ich wohne in der Großstadt und lege die meisten Strecken auf geteerten Wegen zurück. Dafür legte ich 1.000,- € auf den Ladentisch. (Zubehör, vor allem helles Frontlicht für dunkle, kurze Tage sowie Kleidung kamen hinzu. Doch das wird an anderer Stelle vertieft.)
Die positive Erfahrung: Das Rad konnte im Grunde bereits fast alles:
Es war stabil genug; der Rahmen entwickelte auch bei schwerer Last am Gepäckträger und/oder mit Anhänger kein gefährliches Eigenleben.
Vier Schwächen ließen mich dennoch nach einem Jahr einen Nachfolger suchen, der diese uberwinden sollte:
1. Die zu hohen Bordsteinkanten an vielen Kreuzungen und auch Fahrbahnlöcher wie Baumwurzelwellen auf Radwegen bereiteten beim Überfahren zu harte Schläge vom Vorderrad bis in die Handgelenke. Damit wollte ich nicht auf die Dauer leben. Breitere Reifen bzw. eine gute Federgabel sollten Abhilfe schaffen.
2. Auf weichen, steinigen und sandigen Wegen ist die Führung des Rades erschwert. Die schmalen Reifen haben dort ein unruhiges Fahrverhalten, d. h. das Steuern wie auch der Antrieb wird anstrengender. Breitere Reifen sollten auf solchen Wegen für mehr Ruhe sorgen.
3. Für stärkere, lange Steigungen ist die 8-Gang-Nabenschaltung zu wenig untersetzt. Die Last auf die Knie wird dann zu stark – auch wenn die Kraft für den Aufstieg reichte. Wozu unnötige Kraftmeierei? Es müssen mehr Gänge her, dann werden Aufstiege leicht.
4. Nach 10 Monaten und 8.500 Kilometern gab die 8-Gang-Nabe ihren Geist auf. Sie war der Dauerlast nicht gewachsen. Wie gut, dass es noch Garantie gab: Das 185-€-Ersatzteil bekam ich somit noch kostenlos eingebaut. (Ich erfuhr, dass ein solcher Typ nur für etwa diese Laufleistung ausgelegt ist. Hieß also: Wenn du bei diesem Rad bleibst, dann kaufst du in 10 Monaten wieder eine neue Schaltung – mit Einbau dann etwa 250 €. Macht im Jahr alleine für die Schaltung etwa 300,- €!)
LEIDER DURCHGEFALLEN!
An dieser Stelle merkst du, was für einen Unterschied es macht, wenn ein Radzu intensiv genutzt wird für das, womit man Durchschnittsfahrer ausstattet. Das taugt für Vielfahrer noch lange nicht!
Damit ist keinesfalls gesagt, ein solches Rad sei von schlechter Qualität, denn fast 13.500 Kilometer in nur wenig mehr als einem Jahr, teilweise unter enormen Belastungen, erfordern schon echte innere Werte verfügen eines Rades. Bei durchschnittlicher Jahresleistung von 500 Kilomtern wäre meine Gesamtleistung auf diesem Rad erst nach 27 Jahren erreicht gewesen. Doch für meine Zwecke, d. h. für meine Intensivnutzung reichte es eben nicht ganz.


(mein Citybike als erster Auto-Ersatz. In 14 Monaten legte ich damit 13.465 Kilometer zurück, bis ich es gegen ein vollgefedertes Mountainbike eintauschte)

Gerne wäre ich mit dem kommenden Rad, das die Schwächen des City-Bike überwinden sollte, zusätzlich noch etwas schneller unterwegs gewesen; darum fuhr ich im Juli 2008 ausgiebig verschiedene Typen der damals führenden Schweizer Marke FLYER zur Probe. Zu diesem Zweck machte ich Touren nach Düsseldorf und Duisburg, wo Händler die erforderlichen Typen zur Probefahrt bereitstellen konnten.
Ein Mountainbike überzeugte mich sehr; ich war geradezu begeistert nach drei Tagen Probefahrt über mehr als 300 Kilometern – mit und ohne Elektrounterstützung. Die Leihgebühr von 50 € war bestens investiert gewesen, denn ich konnte das schnelle Rad genau auf all den Wegen erproben, auf denen mein City-Bike Probleme gehabt hatte.
Doch der Preis: Er ließ mich in letzter Minute dann doch noch zurückschrecken: über 4.500 € hätte ich auf den Tisch blättern müssen; mit Reserveakku sogar über 5.000 €. Nein, zu Beginn meines zweiten ‚Lehrjahres‘ als Umsteiger vom Auto aufs Rad war mir das noch einfach eine Nummer zu groß!
Muss man wirklich so viel Geld für ein Rad ausgeben und bringt ein Elektroantrieb wirklich so viel mehr? Darin ich mir noch nicht sicher genug.

Doch das Fachgeschäft mit dem Flyer-Mountainbike war auch sonst erstklassig und vielseitig in seinem Angebot. Für 2.500 € fand ich beim Händler ‚Feine Räder‘ in Duisburg

b) EIN VOLLGEFEDERTES, REISETAUGLICHES MOUNTAINBIKE,

das mich ebenfalls von Beginn an überzeugte. Mit 20 Kilogramm war es nicht leicht, aber absolut stabil; man darf es mit bis zu 150 Kilogramm Gesamtgewicht fahren. Ich ließ dem Rad zusätzlich ein 60 Lux helles Vorderlicht montieren; ein guter Nabendynamo war schon vorhanden.

Dieser Fahrradtyp punktete in allen Bereichen, wo das Citybike schwach gewesen war – ohne dabei neue Schwachstellen zu zeigen. Vielleicht doch mit einer kleinen Ausnahme: Hatte ich beim Citybike nach Wechsel auf ‚Unplattbar-Reifen‘ (Marathon Plus) tatsächlich keinerlei Reifenpanne mehr gehabt, so musste ich für breite 2-Zoll-Reifen auf einen anderen Typ umsteigen, denn den ‚Marathon Plus‘ mit dicker Schaum-Einlage gibt es nur bis 1,75 Zoll Breite. Ab sofort war der Pannenschutz bei den fast nur halb so schweren Faltreifen mit Kevlareinlage ein wenig schwächer:
Auf über 30.000 Kilometern bis heute mit diesem Rad habe ich insgesamt 5 Platte zu beklagen gehabt – zweimal sogar mit Schäden, die einen neuen Reifen erforderten. Doch welch ein Vorteil: Faltreifen kann man mit sich führen, um sie bei schweren Pannen auch selbst montieren zu können. Es sei nicht verschwiegen, dass einer davon beim Händler heute 50 € kostet. Vier Reifen musste ich bis heute nachkaufen; der letzte steht mir noch als Hilfe für den Notfall unterwegs zur Verfügung.
Ich empfehle Vielfahrern allerdings besonders einen Reifen mit zusätzlicher Seitenwandverstärkung wie den ‚Marathon Dureme‘, denn einen Reifen büßte ich mit seitlichem Karkassenschaden ein. Ich stieg auf den ‚Marathon Dureme‘ um. Seither nichts mehr dergleichen – außerdem ist der Dureme etwas stärker profiliert als der vorher verwendete ‚Supreme‘, was auf nicht befestigten Fahrwegen bessere Griffigkeit mit sich bringt.
(Stollenreifen taugen für Vielfahrer gar nicht: Sie sind fürs Gelände gedacht und rollen auf der Straße schlechter bzw. laut. Auch Komfort gehört zu den berechtigten Erwartungen eines Intensivnutzers!)

Man könnte durchaus zu Recht erwarten, dass die Typenliste hier bereits aufhört, denn die Anforderungen bzw. Erwartungen erfüllt mein R&M Intercontinental bis heute. Vorab: Es wird später doch noch mehr folgen.
Doch Gutes kann man bekanntlich immer noch besser machen und so betrieb ich im Laufe der Zeit selbst Optimierung oder ‚Modellpflege‘ bei meinem Mountainbike:
Ich habe ihm zur Optimierung im Laufe der Zeit ergonomische Griffe verpasst, wobei ich alle Varianten ausprobiert habe. Am zufriedensten bin ich mit Größe L mit zusätzlichen Hörnchen für 3 Finger (ich habe eine große Hand). Das ermöglicht unterwegs Griffvarianten zur besseren Lastverteilung auf Hand und Fingern. Keine tauben Missempfindungen mehr seitdem!
Außerdem wurde der Federkomfort und mit ihm auch die Fahrsicherheit bei bösen Löchern und Wurzelwellen verbessert: Statt der werksmäßigen Stahlfeder hinten ließ ich eine Öl-Luft-Dämpfung einbauen. Kostet 250 € – aber jetzt federt nichts mehr nach; Löcher und Hubbel werden trocken ‚weggebügelt‘. Bei Herstellung in Massenstückzahlen könnten diese äußerst sinnvollen Teile sicher für einen Bruchteil dieses Preises zu bekommen sein. Doch ein Fahrrad als reines ‚Spaziergerät‘ oder nur für ab und zu benötigt so etwas ganz bestimmt nicht.
Zwei wirklich preiswerte Zubehörteile haben an meinem Mountainbike meine Fahrsicherheit deutlich erhöht:
1. ein kleiner Kunststoff-Außenspiegel am linken Ende des Lenkerrohrs:
Seitdem weiß ich wie jeder Autofahrer jederzeit genau, was hinter mir vorgeht. Würde man freiwillig
beim Auto auf einen verzichten??? Diese Top-Sicherheit kostet gerade mal um 15 €. Achte darauf, dass
der Spiegel das Rad nur wenig verbreitert und nicht zu fest eingestellt ist! Enge Passagen werden sonst
zur Herausforderung und wenn das Rad umkippt, ist der Spiegel meist abgebrochen. Doch das Bruch-
risiko ist den Einsatz allemal wert. Ich habe immer ein Reserveteil zu Hause liegen und auf Fernreisen
dabei.
2. eine zweite Klingel: Die ist im Ton abgestimmt auf die erste – und beide sind im Geschäft auf Lautstärke
geprüft. Die Unterschiede selbst bei baugleichen Klingeln fallen immens aus. Manches Gerät rasselt
oder klingt nur gedämpft wie alle Klingeln bei starkem Regen, doch andere klingen klar, hell und laut.
Nur letztere dienen dem Zweck der Sicherheit, ansonsten ist Rufen wirkungsvoller. Die zwei Klingeln,
kurz hintereinander betätigt, helfen voraus Gehenden oder Fahrenden, Entfernung und Geschwindig-
keit des Herannahenden besser abzuschätzen. Mit mehrfach demselben Ton wurde ich häufiger
überhört. Kann ich jedem Vielfahrer absolut empfehlen! Kostenpunkt: Gerade mal 5 €…
3. ein Drucklufthorn: Ich gehöre zu denen, die nicht dazu neigen, vollständig defensiv zu fahren. Will
heißen, dass ich nicht ausnahmslos dafür sorge, immer so langsam zu sein, dass ich wirklich alle Fehler
meiner Mit-Verkehrsteilnehmer sicher zum eigenen Schutz ausbügeln kann. Seit viereinhalb Jahren
nutze ich diese 120-Dezibel-Hupe im äußersten Notfall, wenn eine Kollision ohne Mitwirkung anderer unvermeidbar wäre. Jemand wie ich sollte das haben; dreimal hat mir das in kritischer Lage bisher geholfen. 5,5 Bar auf meiner ‚Air Zone‘ sind meine ‚letzte Lebensversicherung‘ für 25 Euro, wenn ich eine Situation falsch eingeschätzt habe. Wer wirklich und vor allem immer defensiv fährt, der kommt auch gut ohne aus. Aber nur im äußersten Notfall einsetzen! Der Ton geht durch Mark und Bein; er kann äußerst erschreckend wirken und einen Schock auslösen, wenn er aus kurzer Entfernung pfeift.

Mit allem nachträglich angebauten Zubehör, schon beim Neukauf montiert, hätte mein Intercontinental knapp 3.000,- € gekostet. Dafür allerdings schluckt und schleppt es seit mehr als 30.000 Kilomtern für mich durch Glatt und Holprig, durch Ebene und Gebirge, durch alle Jahreszeiten hindurch. Ein Ende der Zuverlässigkeit ist noch lange nicht in Sicht: Verschleißteile wurden rechtzeitig gewechselt (s. u.) und der Rest ist auf sehr lange Haltbarkeit mit Sicherheitsreserven hin konstruiert. Diese Investition hat sich absolut gelohnt.
Einzige Ausnahme: Während des Winters 2010/2011 war es Dauerschnee von 20-30 cm Höhe nicht gewachsen. Da musste ich trotz aller Versuche passen. Wird nicht geräumt, dann kann damit ein Auto allerdings auch rasch Probleme bekommen.

(mein Rad mit der bisher höchsten Streckenleistung: ein voll gefedertes Mountainbike, das schon mehr als 30.000 Kilometer mit mir hinter sich hat.)

Kann jetzt noch etwas kommen? Eigentlich kaum noch, denn ich bin ja im Grunde schon ziemlich zufrieden mit meinem Material. Dennoch: Die Neugier auf ‚Mehr‘ und auf ‚Neues‘ verstummte bei mir nie ganz.

Weil mir der Typ im Grundsatz (zu Unrecht (s. u.) bereits optimal schien, ging die Suche in erster Linie nach ‚Mehr‘. Mehr steht hier für Geschwindigkeit wie schon zweieinhalb Jahre zuvor. Wozu aber noch mehr Leistung und Geschwindigkeit, als der eigene Körper selbst hergibt?
Ein Beispiel ist eine 130-Kilometer-Tour nach Holland und zurück, wo ich mit Rückenwind auf dem Rückweg kalkuliert hatte; der anstrendendste Teil sollte der Hinweg gewesen sein. Doch die Verhältnisse änderten sich entgegen der Wettervorhersage unterwegs. Die Folge: Auch der Rückweg mit relativ starkem Wind am ganzen Tag brachte eine Strömung mit Überdeckung von vorne. Das brachte mich kräftemäßig absolut an meine körperlichen Grenzen; außerdem verlängerte sich die Fahrt um fast 2 Stunden, was meine Kalkulation völlig über den Haufen warf. Bei sehr frischer Witterung musste ich das letzte Stück bei starker Abkühlung im Dunklen fahren.
Solche unvorhersehbaren Windwechsel treten zwar nicht häufig auf; im Hochgebirge sind sie sogar gefährlich. Ich erlebe sie aber (in schwächerer Form) auf etwa jeder zehnten Fahrt. Wer mit dem Auto fährt, kann gegen Staus nichts machen und kommt dann leicht zu spät. Dem Radfahrer geraten die zeitlichen Kalkulationen bei Wind- und Wetterwechseln leicht durcheinander.
Als Radfahrer kann man heute etwas dagegen tun, weil die Technik längst so weit ist, einen leichten und zuverlässigen Elektroantrieb mit vertretbarem Zusatzgewicht zur Verfügung zu stellen – auf Rädern, die auch alle meine hohen Erwartungen erfüllen. Man muss nur bereit sein, für die Anschaffung sehr tief in die Tasche zu greifen…

Im Frühling 2011 war es so weit:

c) EIN MOUNTAINBIKE MIT ELEKTROANTRIEB

wurde mein neues Stück. Ich wurde zum Glück inzwischen in Mönchengladbach fündig, was den Service ganz erheblich vereinfacht, auch wenn der wie beim Auto nicht häufiger als ein- bis zweimal im Jahr stattfinden soll.
Es sollte so eine Art ‚Premium-Auto‘ in Fahrradform werden – mit allem, was die Technik hergibt. Die Serienfertigung war damit teilweise überfordert. Licht kommt beim E-Bike in der Regel aus dem Akku; doch ich wollte auch ohne Abhängigkeit von einer solchen Stromquelle, also auch ohne Akku und Elektroantrieb noch ebenso gut fahren können wie zuvor auf meinem konventionellen Mountainbike.
Also Einbau eines Top-Nabendynamos (SON) und dazu auch noch ein besseres als das Serien-Vorderlicht (Edelux). Die vor der Bestellung des Serienrades ausgehandelten Preisnachlässe konnten das in etwa auffangen; doch gewaltige Anschaffungskosten von 5.600,- € einschließlich Reserveakku waren ein schwerer Brocken! Für 7.900 € gibt es bereits einen ’nachten‘ Kleinstwagen! Ach ja, eben doch einen Umweltschädiger, den ich gar nicht will!

Was kann so ein Ding, was ein nicht motorisiertes Rad noch nicht zu leisten vermag?
Meine Durchschnittsgeschwindigkeit stieg von bisher 19-22 km/h Dauerdurchschnitt auf 22-25 km/h – und damit auch das Unfallrisiko: Man kommt schneller ans Ziel; jedoch nimmt der Winddruck auf den Körper spürbar zu und damit die Auskühlung bei Kälte ebenso. Der Geschwindigkeitsvorteil wird nicht nur mit einem fast doppelt hohen Kaufpreis bezahlt, sondern auch mit anderen, nicht zu vernachlässigenden Nachteilen. Die giftig zupackenden Scheibenbremsen schafften zumindest eine zusätzliche aktive Sicherheit, die für rasche Dauer- oder Intensivfahrer hier auch empfehlenswert erscheinen. Der Aufpreis von ca. 150,- € ist gerechtfertigt.
Die Windrichtung spielt beim Elektrorad keine wesentliche Rolle mehr: Was bei Gegenwind an eigener Kraft fehlt, gibt der Motor dazu. Nur muss Batterieladung in ausreichender Menge mitgeführt werden und bei knapper Reserve im Rückenwind der Motor ausgeschaltet bleiben. Mein FLYER fuhr sich auch ‚ohne‘ so gut, dass es noch Spaß macht. Allerdings kommt man sich gefühlt doch erst einmal wie eine Schnecke vor – ähnlich wie beim normalen Rad bei Richtungswechsel in den Gegenwind, obwohl der Tempodurchschnitt nur um ca. 3 km/h nachlässt. Man muss sich erst vom leicht euphorisierenden Zusatzschub eine Zeitl ang wieder entwöhnen, bis man sich wieder ’normal‘ fühlt.
Mit zwei Akkus (12 und 10 AH, insgesamt 22 AH bei 26V) schaffe ich bei warmer Witterung bis zu 120 Kilometer Gesamtstrecke; im Winter kann sich dieser Wert halbieren. Steile Anstiege vierteln die mögliche Kilometerleistung. Ich nutze in der Regel lediglich die ’schwächste‘ Unterstützungsstufe des 250-W-Motors (einen stärkeren wollte ich nicht haben), was bereits 70% zusätzliche Motorleistung zu meinen etwa 175 Watt Dauerleistung Muskelkraft bedeutet. Das ergibt rein rechnerisch knapp 300 Watt Gesamtleistung, was wirklich eine enorme Leistungssteigerung bedeutet.
Für die Extra-Power muss ich ein erhöhtes Fahrradgewicht in Kauf nehmen: Es stieg von 20 kg (Intercontinental) auf 27,5 kg durch Motor und Akku.
So ein Rad eine Treppe hinaufzuschieben bedeutet mit Packtaschen, Wetterschutz und Pannenhilfe sowie Zusatzakku eine echte Herausforderung! Tempo schafft also auch hier ungewollt Zusatzprobleme – ganz wie beim Auto, von dem ich mich ja mehr und mehr verabschiede!

In der maximalen Tagesstrecke habe ich keinen Zuwachs mehr feststellen können. So weit wie frühere Maximalstrecken um 140 Kilometer halten die Akkus nicht. Inzwischen kann man mit noch mehr Kapitaleinsatz (800 € für 24AH von einem Fremdhersteller plus 12 AH ‚alt‘) für bis zu dann 200 Kilometer am Tag -theoretisch – erstehen. Ich selbst möchte aber keine 8 – 12 Stunden lang im Sattel sitzen; irgendwann wird auch das zur Quälerei. Ich jedenfalls verzichte darauf.
Als wertvoll hat sich das nachträglich eingebaute Dynamolicht erwiesen: Als ich wegen eines technischen Problems in Norwegen die Akkus nicht mehr laden konnte, fuhr ich 3 kg leichter(weil ohne Akku) und doch mit hellem Scheinwerferlicht wie auch Rücklicht die kurvigen Bergstraßen entlang – ein hoher passiver Sicherheitsgewinn!

(Das ‚Flaggschiff‘ meiner Räder als Auto-Ersatz auf Jungfernfahrt Mai 2011 nach Roermond: tolle Technik, aber für meinen Bedarf insgesamt etwas ‚oversized‘ und darum überteuert – für einen Pendler mit Wohnort in bergiger Landschaft dagegen ein Top-Verkehrsmittel)

Mein kritisches Fazit nach 6.500 Kilometern mit dem E-Bike: Wer als Pendler über eine Strecke bis zu 25 Kilometern einfacher Wegstrecke (also 50 km hin und zurück) in bis zu je einer Stunde Fahrzeit ermöglichen möchte, der ist mit einem solchen Modell besser dran als mit jedem anderen Rad. An 200 Arbeitstagen im Jahr legt er dann 10.000 Jahreskilometer Gesamtstrecke zurück – garantiert staufrei!
Noch lohnender wird es, wenn größere Steigungen ins Spiel kommen: Gerade dort ist der gewonnene Geschwindigkeitszuwachs am größten – das Tempo wird deutlich mehr als verdoppelt bei gleicher Muskelleistung wie der meinen.
Doch für mich persönlich bedeutet der enorme technische Aufwand dieses Top-Rades keinen adäquaten Zusatzgewinn zum nicht motorisierten Mountainbike, der diese Investition gerechtfertigt hätte. Für mich auf Dauer nicht passend und eine Nummer zu ‚groß‘.

Doch falls du dich ernsthaft für ein E-Rad interessierst, hier noch eine absolut erfreuliche Erfahrung mit diesem Fahrradtyp:
Bei ca. 250 Akkuladungen für 10.000 Streckenkilometer (mit durchschnittlich gemessenem primären Ladestromverbrauch von je einer Viertel-Kilowattstunde (macht ca. 6 Cent pro Akkuladung)) betragen die Energiekosten insgesamt nur lächerliche 15 € für diese riesige Fahrstrecke; in dieser Beziehung ist ein gutes Elektrorad jedem Elektroauto turmhoch überlegen und macht eine wirklich sehr gute Figur. (Selbst ein Dreiliter-Auto würde hierfür 300 Liter Treibstoff benötigen – bei den aktuellen Preisen um 400 €, also fast 27mal so viel!

Was dann bisher letzterprobter Fahrradtyp folgte, war eigentlich nicht geplant; der Zufall spielte ihn mir zu einem äußerst interessanten Zeitpunkt zu. Ich muss immer noch sagen: Damit hätte ich nie gerechnet und ihm das Mögliche absolut nicht zugetraut. Was ist das für ein ‚Wunderkind‘?

d) EIN VOLLGEFEDERTES, BERGTAUGLICHES FALTRAD:

Es war eine ganz spontane Entscheidung zur Probefahrt, als ich im Internet das Angebot eines faltbaren Winzlings (18 Zoll kleine Räder!) mit hochgebirgstauglicher Rohloff-Schaltung (der langlebigsten und hochwertigsten Nabenschaltung auf dem Markt) fand: So etwas findet man äußerst selten!
Doch ist ein so ‚geschrumpftes‘ Fahrrad den Anforderungen von Kreuzungsübergängen, Straßenschäden, unbefestigten Wegen, groben Fahrbahnbelägen und nicht zuletzt auch den Scherben, Gesteinssplittern und Dornen auf meinen Wegstrecken überhaupt gewachsen – und das bei meinen hohen Anforderungen an Belastbarkeit, Vielseitigkeit, Haltbarkeit und Zuverlässigkeit?
Wenn ja, dann könnte ich das Gefährt auf Fernfahrt in Auto-Innenraum transportieren – bei Bedarf auch kostenlos in Bus und Bahn (die ich aber recht selten nutze). Die unvermeidbare Verschmutzung bei Langstreckenfahrten auf dem Heckgepäckträger würde ebenso entfallen wie das Diebstahlrisiko dabei.

Neugierig trat ich in den Hügeln des Bergischen Landes zum ersten Mal in die Pedale des faltbaren Winzlings.
– Würde der bei meinem Gewicht über 90 kg und mit der Belastung bei meiner harten Beanspruchung des
Materials mit stabiler Ruhe und Vertrauen vermittelnder Steifigkeit begegnen können?
– Reicht die Sitzhöhe auch für 1,87 Meter Körperlänge?
– Ist die Sitzgeometrie vielfahrer- und langstreckentauglich?
– Was taugt die primitive Vollfederung mit Elastomeren? Verdient sie den Namen Vollfederung im Alltag?
– Lassen sich Lasten sicher anbringen?
– Was leisten die einfachen V-Brakes an einem solchen Rad?
– Kann man höhere Geschwindigkeiten bei noch ausreichend kleiner Trittfrequenz fahren?

Der Preis von2.500 € für ein älteres, aber unbenutztes und damit absolut neuwertiges Gerät war keine Kleinigkeit. Außerdem würde ich wieder über 500 € für maximales Frontlicht mit einem Top-Nabendynamo, ein wirklich helles Batterie-Rücklicht sowie kleinere Ortlieb-Taschen drauflegen müssen, wenn das Unternehmen auf lange Zeit erfolgreich werden sollte.

Nicht nur der Bergtest verlief überraschend positiv, sondern auch die Bremsen waren überzeugend. Die Übersetzung ermöglichte leichte Aufstiege und auch flotte Abfahrten ohne Aussetzen des Mittretens. Sitzgeometrie und Einstellmöglichkeiten ermöglichten eine gute Anpassung an meine Körpergröße. Der Rahmen wirkte stabil und wertig. Die Federung war allerdings nicht mit dem zu vergleichen, was ich gewöhnt war. Auf guter geteerter Straße waren die winzigen Räder spursicher; das Fahrgefühl war unerwartet sicher und Vertrauen erweckend.
So kam es zum spontanen Kauf eines BIRDY, das bereits nur eine Woche später auf Hochgebirgstour nach Norwegen mit kam.

Ohne hier zu sehr ins Detail zu gehen:
Das Birdy eroberte mein Radfahrerherz fast im Sturm; seine Wendigkeit im Alltag ist seine absolute Stärke. Selbst Kopfsteinpflaster ist kein Problem! Es wiegt für ein Rad dieser geringen Größe erstaunlich viel, nämlich 13 Kilogramm bei voller Straßen- und Gepäcktauglichkeit. Aber im Vergleich zum Flyer (nur halbes Gewicht) und zum Intercontinental (ein Drittel leichter) ist es ein Fliegengewicht.
Mit Supernova-Frontlicht habe ich nachts ein echtes Scheinwerferlicht von großer Leuchtbreite auch mit hellem Nahbereich (besser als bei meiner sonst montierten Edelux). Wer das nicht aus eigener Erfahrung kennt, der kann sich nicht vorstellen, was ein Spitzen LED-Scheinwerfer mit einem Nabendynamo zu leisten imstande ist!
Einkaufslasten von bis zu 25 Kilogramm werden auf dem Gepäckträger ohne unangenehmes Eigenleben sicher transportiert. Die hintere Federung habe ich zu diesem Zweck verstärken lassen.
Einen großen Sprung im Bereich des Fahrkomforts und des Wegschluckens von Fahrbahnübergängen ergab der Wechsel auf 2 Zoll breite Reifen. Dadurch nahm auch der Raddurchmesser um etwa 4 Zentimeter zu, was die Laufruhe deutlich bessert. Ich fahre sie mit 5 Bar Reifendruck und erreiche ein vergleichbar knackiges Handling wie bei den Mountainbikes.
Habe das Rad erst seit 14 Monaten und es im Wechsel mit den anderen Rädern genutzt. Dabei schälte es sich als mein Lieblingsrad heraus – das hätte ich so keinesfalls erwartet. Bisherige Fahrstrecke: bisher über 7.500 km und in dieser Zeit mehr als die Hälfte meiner Gesamtfahrleistung. Hättest du das nach Schilderung der Fähigkeiten meiner anderen Fahrradtypen zuvor erwartet? Ich jedenfalls ganz und gar nicht. Aber die Neugier hatte dann schließlich gesiegt – in diesem Falle zu meinem Glück.
Somit kann ich auch über den Verschleiß dieser Technik, die großenteil jenseits aller Normteile liegt, in Kürze sagen: Reifen hinten nach 3.000 Kilomtern abgefahren, vorne hält immer mehr als doppelt so lange. Preise für Reifen damit im Jahresmittel teurer als bei den anderen Rädern bei fast gleichem Stückpreis. Antrieb (Kette und Kettenblätter) nach 4.500 km voll hinüber, sollte ich öfter wechseln und ist somit auch teurer als bei den anderen Typen für einen Vielfahrer. Bremsenverschleiß etwa gleich wie beim Citybike, das auch V-Brakes hatte.

Fazit: Ein knuffiges und absolut vollwertiges Vielfahrerrad für alle Jahreszeiten, fast alle Fahrbahnen (Ausnahme weiche Untergründe), mit Gepäck und auch fürs Gebirge voll tauglich – mit rasanten Abfahrten.
Radfahrerherz, was begehrst du mehr?

2. KOSTEN

Du wirst dich beim Lesen der Kaufpreise möglicherweise abgestoßen gefühlt haben. Kein Wunder: Der Durchschnittskäufer will meist nicht mehr als 500 € auslegen, weil er das Rad ja auch nur ab und zu als Fortbewegungsmittel nutzt. Ich aber wollte und will das Rad als echten Auto-Ersatz nutzen bzw. betreibe das so mit Erfolg seit Jahren.
Was zahlst du für einen PKW, wenn du ihn neu kaufst wie ich meine Räder? Grundausstattung und welche Extras erwartest du dabei? Wie hoch sind die Folgekosten? In den ADAC-Kostenlisten beginnt ein vollwertiges Auto mit etwa 12.500 € Anschaffungskosten.
Die Kilometerkosten bei 10.000 Jahreskilometern für einen Kleinwagen, allerdings in Billigausstattung beginnen dort unter Berücksichtigung aller Nebenkosten bis hin zur Ansparung einer notwendigen Ersatzanschaffung bei etwa 30 Cent pro Kilometer.
Das ist die Messlatte, die ich als Vergleichswert an mein Fahrrad-Projekt anzulegen habe.

Ein wirklich hochwertiges Fahrrad ist durchaus für 100.000 Fahrkilometer und mehr ausgelegt; insofern setze ich den vergleich mit einem Kleinwagen hier an. Drei Räder meines bisherigen Fuhrparks (ich habe sie noch alle) erfüllen meine Erwartungen in vollem Umfang. Ihre Anschaffungskosten lagen mit allen Extras bei 3.000 €, 5.600 € und 3.000 €. Ich leiste mir zur Zeit noch drei „Muskelkraft-Autos“ gleichzeitig, was allerdings auf Dauer nicht so bleiben wird. Doch der nötige Abstellplatz ist so gering, dass für Räder und Anhänger 2-3 Quadratmeter Bodenfläche ausreichen.

Hier geht es vor allem um die Folgekosten – um Wertverlust, Verschleiß und Werkstattkosten bei sehr hoher Kilometerleistung. Erfahrungswerte konnte ich hierzu in gutem Maß gewinnen.
Ich habe alle Belege über die Jahre gesammelt und auch mit deren Hilfe etwas Statistik betrieben.
Das erste Ergebnis: Bei allen Fahrradtypen tritt ein nennenswerter Grundverschleiß auf, der zahlenmäßig nicht gleich, aber durchaus vergleichbar ist. Eine Ausnahme bildet nur das Elektrorad, wo ein sehr hoher Kaufpreis abzuschreiben und zusätzliche Ansparung von Ersatzakkus zu leisten ist. Hier soll es in erster Linie um den bei allen Rädern auftretenden Grundverschleiß gehen.

Der tritt vor allem am Antrieb (Kette, Kettenblätter vorne und hinten), Reifen und Bremsbelägen auf. Andere Bauteile halten in der Regel mehr als eine Jahresfahrleistung von mehr als 10.000 Kilometern lang.
Auch Pedale und Tretlager haben eine begrenzte Lebensdauer und wurden bei mir schon ausgetauscht; das Gleiche gilt für Sattel und Lenkergriffe. Ebenso büßte ich schon Kunststoff-Schutzbleche ein, die nach knapp 2 Jahren mit Materialermüdung brachen (noch Garantieschaden). Sattelstützen ermüdeten durch den Langzeitdruck von schweren Einkaufslasten in Satteltaschen wiederholt und brachen (Nachkauf 15-20 € bei Selbstmontage). Das gilt nur für Seitenständer, auf die ein langer Hebelarm bei schwerer Gepäcklast wirkt. Lenkergriffe sind nach 2 Jahren Intensivnutzung nicht wirklich verschlissen, aber zumindest unansehlich. Die ergonomischen Griffschalen lassen sich aber preiswert nachkaufen (20 €) und selbst montieren. Das Gleiche gilt nach 2-3 Jahren für den Sattel, den man in Vielfahrerqualität auch schon für 30-40 € im Fachhandel bekommt. Vorteil dort gegenüber Internet: Ausprobieren und bei Bedarf tauschen! Für Pedale lege ich nach 2 Jahren 50 € aus; man kann Brauchbares aber für den halben Preis bekommen. Als Vielfahrer lässt man sich bei Verschleiß des Tretlagers (bei mir nach 18000 Kilometern) am besten ein Industrietretlager einbauen (mit Werkstattkosten 70 €); das soll dann länger halten. Alle diese kleinen Posten – jeweils einmal in 2 Jahren angesetzt, wobei ich für einen Schutzblechsatz mit Befestigungssatz 80 € veranschlage, ergeben im Jahresdurchschnitt in etwa relativ bescheidene 120 € Ersatzteilkosten und Werkstattkosten. Nicht vergessen: Ich spreche hier über Laufleistungen im Bereich eines ganz gewöhnlichen Kleinwagens im Jahreslauf!
Deutlich teurer wird dagegen der Grundverschleiß:
Reifen und Antrieb sind bei ihrer leichten Bauweise kürzeren Austauschintervallen ausgesetzt als die viel wuchtiger konstruierten Teile eines PKW.
Doch eines vorweg:
Die Werkstattkosten sind trotz Stundensätzen um 50 € eher ein Schnäppchen gegenüber dem, was man vom Auo her kennt
und gewöhnt ist. Und kann ich das Rad nicht auf Warten durch Service bzw. Reparatur bekommen, dann habe ich die Möglichkeit, ein kostenloses Leihrad für Heimfahrt und Abholung zu nehmen. So muss ich auch dann kein Auto nutzen.
Was kostet der Grundverschleiß bei meiner Fahrleistung?
a) Für Reifen kalkuliere ich jährlich 100 € bei Selbstmontage und Internetkauf; überlasse ich das der Werkstatt einschließlich Montage, dann werden etwa 200 € fällig. Ein Kleinwagen kann bei diesem Posten deutlich billiger davonkommen und schlägt in diesem Punkt das Fahrrad eindeutig.
b) Ich gehe pro Jahr von gut zwei Antriebswechseln aus. Das lasse ich grundsätzlich die Werkstatt machen. Die Teile und Werkstattkosten belaufen sich dabei durchschnittlich je bei 80-100 € – im Jahr also um 200 €.
c) Auch Bremsbeläge müssen im Schnitt 2-3 mal jährlich gewechselt werden. Montagekosten jeweils um 10 € (kann man auch gut selbst machen, dann fällt dieser Posten weg), die Bremsschuhe im Fachgeschäft um 25 €, im Internet auch für unter 15 €. Das ergibt eine Spanne von minimal 40 € bis 100 € im Laufe eines Jahres.

Alle Werte addiert, ergeben sich bei reiner Werkstattmontage und Teilen an jährlich zwei bis drei Terminen Gesamtkosten von gut 600 €. Macht man die einfachen Austauscharbeiten selbst und nutzt die Preisvorteile im Internet, dann sind davon 200-250 € einzusparen.
Eine Jahresinspektion wie beim PKW benötigt ein Vielfahrer mit Rad aus einem einfachen Grunde nicht: Er pflegt und putzt seine Technik selbst (Vollpflege gibt es auch für 50 € in der Werkstatt, aber das lohnt wirklich nicht); ich gehe im Sommer etwa einmal im Monat zu Werke (nur Kettenschmierung 1-2mal pro Woche in einer Minute Arbeitszeit) und in der Schmuddelzeit eher etwas öfter. Bei Normalverschmutzung eine halbe Stunde für alles, bei starker kann bis zu eine Stunde Zeit drauf gehen. Wer nur den Antrieb sauber hält, um den verschleiß dort im Rahmen zu halten, der muss weit weniger Zeit investieren als der, der auch ein sauberes Rad will. Das ist reine Geschmackssache; ich bin da kein Perfektionist, mag aber ein schönes Äußeres.
Kosten für Steuern und Versicherung entfallen gegenüber dem Auto. Wenn ich für ein 3000-€-Fahrrad eine 10-jährige Laufzeit kalkuliere, was locker erreicht werden kann, dann muss ich jährlich 300 € für eine Neuanschaffung ansparen.

Fazit: Jahres-Gesamtkosten einschließlich Teilen, Montagelöhnen und Wertverlust gut 900 € – bei 10.000 km Jahreslaufleistung Kilometerkosten von 9 Cent. Das ist keinesfalls billig, aber gegenüber 30 Cent beim Kleinwagen als Einstiegspreis für weniger als ein Drittel des Geldes zu haben. Ich fahre nach wie vor nicht wirklich ungerne einen PKW; jedoch sehne ich mich im Alltag nicht nach einem Rücktausch zu seiner Alltagsnutzung.

Ganzjahres-Staufreiheit gibt es auf dem Rad gratis dazu, die Parkplatzsuche entfällt ebenso! Ein Fitness-Studio besuchen? Wie langweilig gegenüber Radtouren mit viel höherem Wellness-Faktor durch die zusätzlichen anregenden und abwechslungsreichen Ausblicke unterwegs! Kosten dafür entfallen, Fitness ist aber garantiert!

3. DIEBSTAHLSCHUTZ

Dieses Thema ist keine komplizierte Wissenschaft. Es geht um zwei Grundfragen:
Wie lange lasse ich das Rad an einem Ort alleine und unbeobachtet zurück?
Wieviel Zusatzgewicht bin ich bereit, für die Diebstahlsicherung mitzunehmen?

Auch hier habe ich alles ausprobiert, was der Markt hergibt. Gleich vorweg: die hochwertigsten Schlösser wiegen zwischen 1,5-2,5 Kilogramm. Da hat ein Dieb praktisch keine Chance, das ganze Rad mitzunehmen.
Doch der kann immer noch hochwertige Teile abmontieren und entwenden. Das kann dazu führen, dass das Rad nicht mehr fahrbereit ist – z. B. wenn Bremsen demontiert werden oder gar ein Rad. Gepäcktaschen und deren Inhalt sind ebenfalls in Diebstahlsgefahr.
Die einfache Lehre: Hochwertiges und leichtes Gerät kann man – egal mit welcher Sicherung – nicht lange alleine stehen lassen. Das Risiko ist einfach zu hoch, dass etwas wegkommt und dass man nicht mehr weiterfahren kann.

Vor diesem Hintergrund habe ich das Interesse an ’schwerem Gerät‘ weitgehend verloren. Es kommt vor allem darauf an, sein Rad in belebten Bereichen mit guter sozialer Kontrolle abzustellen. Dann genügt ein gutes Kettenschloss zum Anbinden für Mountainbike bzw. Birdy (mit einem Gewicht um 500 Gramm für 25-30 €); der Flyer hat eine noch bessere Schutzvorrichtung: Er verfügt über ein gutes Speichenschloss, in das man eine Kette einhängen kann, die man zuvor um einen Mast oder dergleichen gelegt hat. Da hat man mit einem Bolzenschneider keine Chance, während ein Kettenschloss damit rasch durchgeschnitten ist – mag auch ein ‚Schutzlevel 7‘ darauf stehen.
Doch meine Einkäufe dauern selten länger als 10 Minuten; an einem Abstellplatz für Einkaufswagen ist die soziale Kontrolle maximal effektiv. Da ist keine Zeit für ‚Panzerknacker‘.
Wenn ich wertvollen Inhalt in den Taschen habe, nehme ich den entweder in Tüte mit vom Rad weg oder mitsamt Tasche – meist aber ist das nicht nötig, denn auf den kürzeren Einkaufswegen nehme ich meist höchstens bei Bedarf nur eine sehr dünne Regenjacke zur Vorsicht mit. Die passt mit in den Helm, den ich wie meine kleine Lenkertasche leicht mit mir tragen kann, ohne dadurch belastet oder in der Bewegung eingeschränkt zu sein – passt alles in eine Hand.
In unserer Familie sind im Laufe von 20 Jahren einige Räder gestohlen worden. Das geschah an Schulen (zweimal), vor unserer Haustüre, wo Räder von uns oder Besuchern angekettet waren (zweimal) und schließlich auch in einem nächtlichen öffentlichen Gelände, wo das Rad meiner Frau kaum sichtbar an einen Mast gekettet war. Hier war der Bolzenschneider stets erfolgreich gewesen; Zeiten der Nichtbeobachtung konnten dabei leicht ausgenutzt werden. Meine Vielfahrerräder hat es dagegen in den vergangenen Jahren nie erwischt, obwohl sie für Diebe sicher noch attraktiver sein dürften. Warum?
Das Zurücklassen des Rades über längere Zeit habe ich vollständig vermieden. Das winzige Birdy kann ich, wenn es sauber ist, sogar leicht überall mit hinein nehmen – der absolut sicherste Diebstahlschutz!
In der Nacht: Da gehört ein gutes Rad stets nach innen, wo es für ungebetene Interessenten unsichtbar bleibt.
Ich besitze die schweren Sicherheitsschlösser verschiedener Bauart; doch ich sie nutze sie so gut wie gar nicht mehr. Ihr Gewicht als Dauer-Zusatzlast rechtfertigt den sehr seltenen Zusatzbedarf an Sicherung im Alltag nicht.
Wer seine Laufräder und den Sattel vor Diebstahl schützen will, kann das mit einem Set von Spannern machen, mit denen man sie serienmäßigen ersetzt. Sie funktionieren nur mit einem kleinen Spezialschlüssel, den man dann aber immer für den Fall einer reifenpanne mit sich führen muss – sonst geht das Rad nicht mehr auszubauen! Kostenpunkt etwa 20 €, also durchaus preiswert und eine intelligente Lösung gegen Diebstahl: Der Schraubkopf entspricht keinerlei gängigem Standard (Fünfkant!).

4. Fahren im Winter

Du hast hier schon Bilder mit Reif und ordentlich Schnee gesehen. Darum darfst du zu Recht erwarten, dass ich nicht davon abrate, das Rad im Winter zu nutzen.
Nur genau zwei Dinge gehen gar nicht:
a) Fahren bei spiegelglatter, vereister Fahrbahn mit überfrorener Nässe – das ist auch für Autofahrer ein Grund, den Wagen stehen zu lassen.
b) Schneetiefen oberhalb von 15-20 cm Höhe. Dann ist die Kraftübertragung bei Rad ebenso gestört wie beim Auto, wenn nicht geräumt wird.
Ansonsten geht im Winter alles – erprobt bis minus 15 Grad. Minusgrade mit trockener Luft werden weniger kalt erlebt als feuchte Luft bei wenigen Grad über Null. Erst bei stärkerem Wind kann die Kälte beißen. Dann helfen winddichte Handschuhe (Markenqualität ca. 30 €, Massenware 10 €) und ein dünner Stoffschlauch, den man über den Kopf ziehen kann (im Fachhandel 15 €). Ich ziehe ihn als dünne Mütze unter dem Helm an, wobei Haare, Ohren sowie ein Teil von Stirn und Backen bedeckt sind. Der Hals wird geschützt durch Schließen der Windjacke (des Anoraks) bis der Kragen geschlossen steht.
Bis etwa zur Frostgrenze genügt mir meine dünne Outdoor-Hose, die ich auch in der Übergangszeit nutze – also fast immer am Niederrhein. Wenn es kälter wird, nehme ich eine leichte Outdoor-Thermohose oder die wasserdichte Bergsteigerhose.
Meine Füße bleiben mit dünnen Strümpfen und leichten Wanderschuhen bei Minusgraden immer warm genug; mehr war nie nötig.
Fazit: Bis auf Handschuhe und dünnen Kopfüberzug sind keine Fahrradspezifischen Kleidungsstücke vonnöten. Mein alltagstauglicher, wasserdichter, weiter und dünner Anorak genügt bei Minusgraden vollständig, wenn ich nur ein dünnes Baumwollhemd und eine dünne Fleecejacke darunter trage.

Ein paar Dinge haben sich am Rad im Winter bewährt:
– ein etwas dickflüssigeres Kettenöl (das dünnflüssige schützt etwas weniger vor Streusalz und muss
dann vor jeder Fahrt aufgetragen werden
– den Sattel 3-4 Zentimeter tiefer stellen, so dass der Weg zum seifigen Boden kürzer ist
– jede Woche in der Streuphase Fahrrad abwaschen und konservieren. Alle nicht rostfreien Teile werden
sonst rasch hässlich und bleiben es auch.
Ansonsten geht praktisch alles: Das Fahrttempo auf Schnee ist bei ebenem Untergrund auf etwa 15 km/h reduziert; plötzliches Abbremsen bei Glätte ist zu vermeiden – also rechtzeitig langsam das Tempo vermindern wie beim Auto auch.
Gesteinssplitt auf Radfahrwegen ist doppelt gefährlich: auf trockener Fahrbahn ergibt sich ein rutschiger Grund (Kurven nur langsam fahren!), außerdem sind die Steinsplitter oft sehr scharfkantig und können selbst bei gutem Pannenschutz eindringen. Das ist mir nur beim ‚Marathon Plus‘ nie passiert. Der ist demnach der pannensicherste Reifen auch im Winter.

Der Artikel wird in 2c fortgesetzt:
Lastentransport, Strecken und Streckenwahl,
Zuverlässigkeit im Vergleich zum Auto, Unfälle und Stürze,
was das Auto im Gegensatz zum Fahrrad nicht leisten kann.