9.1 Fridays for Future Danke Greta Thunberg Was von mir jetzt fürs Klima zu tun ist

Fridays for Future – Schulsteik fürs Klima – Danke, Greta Thunberg! So müssten gleich alle einstimmen, die den hoch aktiven Klimawandel nicht ignorieren oder schlichtweg verdrängen.

Diejenigen, die bei uns die absolute Mehrzehl stellen, handeln klimaschädigend und haben wohl ein mulmiges Gefühl dabei – vielleicht gepaart mit der Hoffnung, dass das alles schon irgendwie gut gehen wird. Die hoffentlich wenigen Klima-Ignoranten erreichen mit ihrem Denken und Handeln, dass sie sich ihrer eigenen Verstrickung in dieses Phänomen nicht stellen müssen. Sie verschließen ihre Sinne vor den deutlich wahrnehmbaren Klimaeränderungen der vergangenen Jahrzehnte, damit sie weitermachen können wie bisher. Alles andere hätte nämlich grzndlegende Veränderungen für sie, weil sie viele ‚lieb gewonnenen‘ Gewohnheiten schlichtweg aufgeben müssten. Es ginge dann an ihr ‚Eingemachtes‘.

Absolut überwiegend leben wir in unseren Breiten, vor allem (aber nicht nur) als Erwachsene, so klima-ignorant, dass Gretas Dauer-Demonstrationen ‚Fridays for Future‘ nicht nur berechtigt erscheinen, sondern geradezu notwendig sind. Auch ich fühle mich dadurch betroffen. Mein Alltagshandeln ist eindeutig klimaschädlich, weil es die Ressourcen der Erde überfordert.

Ich will hier nicht andere oder mich schelten, das bringt gar nichts. Ich will Greta auch nicht idealiseren, doch ihrer Aufforderung nachkommen, dass Erwachsene (und nicht nur Politiker, wie sie es in der Öffentlichkeit fordert) rasch und entschlossen handeln müssen, um an irdischen Lebensgrundlagen (vorrangig für Menschen) zu retten, was noch zu retten ist. Diese Forderung richtet sich selbstverständlich sogar an alle Menschen jeden Alters, denn jeder ist – egal auf welcher Entwicklungsstufe stehend – für sein eigenes Tun und Lassen selbst verantwortlich. Ich als Erwachsener will nicht, dass meine Kinder und Enkel mehr als nötig morgen meine Umweltschulden in ihrer Zukunft begleichen müssen.  Das bedeutet aber grundsätzliche, radikale Änderungen im eigenen Denken, Streben und Tun – bei mir und bei allen materiell reichen Mitmenschen dieser Breiten. Mit Symbolen, kleinen Korrekturen hier und da und mit markigen Worten ist nichts Wesentliches zu erreichen.

Greta hat es mit ihrem beharrlichen Protest geschafft, die Klimafrage wieder in das öffentliche Interesse zu rücken, wo es tatsächlich und ganz dringend hingehört. In jedes private Interesse gehört es jedoch in gleicher Weise.

Doch Interesse genügt nicht, auch nicht Gespräche. Nur im Handeln ist wirklich etwas zu erreichen, was einem lebensförderlichen Klima nützt bzw. weniger schadet. Für den politischen Bereich bedeutet das, den gesetzlichen Rahmen so zu verändern, dass klimaschädliches Verhalten deutlich verteuert und klimaförderliches Verhalten begünstigt wird.

Dies ist jedoch nicht leicht mit Kapital- und Konzerninteressen vereinbar. Eher steht es denen sogar offen entgegen – ist doch unser Finanzsystem so organisiert, dass es vorrangig zugunsten der bereits Begüterten wirtschaftet.

Ohne eine Bestandsaufnahme geht es vor sinnvollen Änderungen nicht ab. Die nehme ich in erster Linie am eigenen Lebensalltag vor.

„Ich habe doch schon auf Bio umgestellt und bevorzuge Regional wie auch Saisonal, kaufe vorwiegend ökologische und faire Klamotten, habe eine Ökobank, achte auf möglichst wenig Müll, fahre im Alltag viel mehr mit dem Rad als mit dem Auto, fliege so gut wie gar nicht, habe zu Hause LED-Beleuchtung, habe Ökostrom und Öko-Gas und heize ebenso sparsam wie ich mit Strom umgehe, ich heize mit nachwachsendem Holz bei – was soll ich denn noch alles tun?“

So könnte ein tiefer innerer Seufzer aus mir kommen. Doch so einfach kann ich es mir leider nicht machen. Folgendes ist mir heute klar bewusst:

  1. Nach wie vor habe ich ein kleines eigenes Wohnmobil und fahre damit 7.000 – 8.000 Jahreskilometer.

  2. Immer noch fahre ich regelmäßig einmal im Jahr nach Norwegen und gut fünfmal nach Norddeich zu Urlaubszwecken. Doch ist das wirklich nötig oder einfach nur liebe Gewohnheit?

  3. Ich ernähre mich üppig und alles andere als sparsam. Das kostet Geldmittel und noch mehr irdische Ressourcen.

  4. Dabei kommt auch so mancher Alkohol als schwacher Regelfall vor.

  5. Das eigene Eigenheim ist sicher größer dimensioniert als der tatsächliche Bedarf: Es steht halt vieles im Haus herum und wird kaum gebraucht. Doch ich trenne mich nicht konsequent davon und so wird viel Platz zum Aufbewahren benötigt.

  6. Ich besitze ganz persönlich außerdem eine Münzen- und Geldscheinsammlung aus der Vor-Eurozeit sowie aus den skandinavischen Ländern, eine 10-Euro-Münzensammlung sowie einen größeren Bar- sowie Giralbestand, die allesamt wirklich ‚übrig‘ sind und keinem bestimmten Zweck dienen müssen: Conny und ich haben nämlich über 13.000 € Bausparguthaben für Reparaturzwecke am Haus.

  7. Mein Fahrradfuhrpark ist umfangreich und ich gebe dafür gerne viel Geld aus, um so manches stets (mehrfach) zur Verfügung zu haben.

Das ist mal eine erste Auflistung von grundsätzlichen alltäglichen Umweltlasten durch mich, denen ich mich zu stellen habe, wenn ich wirklich handeln und für die Umwelt bessern will. So können konkrete Änderungen aussehen – was sie wirklich bringen, will ich anschließend ganz realistisch mit Hilfe eines detaillierten Klimarechner ermitteln:

  1. Schaffe ich es endlich, mit dieser Liebhaberei zu brechen und sie aufzugeben? Für Transporte lassen sich bei Bedarf Fahrzeuge ausleihen.

    Den Entschluss, das Auto ganz abzuschaffen oder zumindest kein neues mehr zu kaufen, wenn ich das Womo aufgebe, muss ich erst noch ganz fest fassen – ohne jedes Schlupfloch.

  2. Der Norwegenurlaub geht nicht ohne dieseltriefende Strecken. Selbst jede Norddeichfahrt benötigt 750 Autokilometer. Mit dem Zug ist das für die Atmosphäre deutlich weniger belastend. Ein Rad kann ich dabei mitnehmen.

  3. Die genusslastige und üppige Ernährung ist ein weiteres Problemfeld. Mit 20-25% weniger Nährstoffen und vor allem mit hochwertigen Lebensmitteln wäre mir und der Umweltlast manches erspart. Dann wäre ich auch leichter. Wozu diese Leibesfülle?

  4. Der Alkohol ist eine Art Krücke im Alltag. Er scheint mir immer wieder unverzichtbar, obwohl ich längere Phasen ‚ohne‘ als befreiend und in größerer geistiger Klarheit erlebte.

  5. Mich verkleinern beginnt mit umfangreichem Aussortieren und ‚Ablegen‘. Was kann weg? Auf welche Weise, da ich mich zukünftig möglichst nicht mehr mit dem Verkaufen beschäftigen will? Vorrangig kommt Verschenken/Weitergeben bzw. auch wegwerfen als Notlösung in Frage.

  6. Die Sammlungen sind nicht nur gut für Notsituationen. Selbstverständlich belasten sie auchEin durch Verlustgefahren: Feuer, Diebstahl, staatliche Übergriffe, Raub auf der Flucht etc..

    Bargeldbesitz und Bankguthaben bedürfen einer Begrenzung bzw. einer ordentlichen Sinngebung mit Zukunftsperspektive.

  7. Der Fahrradpark kann sicher verkleinert werden: Da kann ich so manches weiter geben, ohne dass wirklich etwas fehlt. Racextract und Brompton reichen für meine Zwecke voll aus. Der Ersatzteilpark ist passend auszudünnen.

Selbst wenn das erreicht ist, bleibt immer noch ein Lebensrahmen bei mir, der eindeutig die Umwelt überlastet:

Kaum habe ich Einfluss auf den öffentlichen Sektor, der heute knapp 2 Tonnen CO2 pro Jahr in die Atmosphäre pustet, die bereits die Grenze für jeden Erdenbürger bedeuten. Doch wie komme ich selbst in die Nähe dieses persönlich verursachten Jahreswertes?

Ein ehrlicher Selbsttest mit dem CO2-Footprint-Rechner des WWF ließ mich bei knapp 10 Tonnen CO2 pro Jahr landen. Das sind zwar fast 2 Tonnen weniger als beim deutschen Durchschnittswert – dennoch bleibt das Ergebnis indiskutabel.

Ich habe im Anschluss an diesen Selbsttest eine Gegenrechnung aufgemacht, die mich in einem Passivhaus leben lässt, die mich nur öko, saisonal und regional kaufen lässt, kaum Klamotten und nur fair, keine Flugreisen und Kreuzschifffahrtreisen, kein eigenes Auto und auch wenig öffentlicher Verkehr, energetisch modernste Haustechnik und sparsam, kaum auswärts essen und übernachten. Auch dabei waren nicht unter knapp 5 Tonnen erzielbar – kann doch die Erde pro Person nur 2-3 Tonnen emittiertes CO2 verkraften.

Was sind im Allgemeinen die großen CO2-Treiber? Worauf kann ich direkt Einfluss nehmen und worauf nicht?

Der öffentliche Sektor, Wohnung und Heizen, Auto, Fliegen, Kreuzfahrten, Fleisch essen, nicht saisonales und nicht regionales Obst und Gemüse, Kleidung, Freizeit und Kultur, Möbel und Haushaltgeräte, auswärts essen. Die Reihenfolge ist hier noch beliebig. Das größte Änderungspotential liegt in Auto, Fliegen, Kreuzfahrten, Fleisch essen, Freizeit und Kultur, Möbel und Haushaltsgeräte, auswärts essen, Kleidung und Heizen. Bei diesen Posten lassen sich jeweils eine oder mehrere Tonnen CO2 pro Person und Jahr einsparen. Wer ordentlich prasst, der kommt allerdings sogar problemlos auf über 40 Tonnen CO2/Jahr.

Nun komme wieder ich ins Spiel. So liege ich aktuell in den größten Problembereichen:

Posten                                     Spielraum                    mein Wert              ggf. änderbar


 

  • Obst und Gemüse                 0,05 – 0,62                  0,31                          – 0,25
  • Auto                                         0,00 – 8,01                  1,60                          – 1,60
  • Hier fehlt mir ein Wert fürs Rad. Auch öffentliche Verhehrsmittel: werde ggf. 0,50 t benötigen
  • Flugreisen                               0,00 – 13,66                0,21                          – 0,21
  • Kreuzfahrten                          0,00 – 10,95                0,24                          – 0,24
  • Heizen + Warmwasser                                                 1,60
  • Kleidung                                 0,08 – 1,30                   0,24                          – 0,16
  • Freizeit und Kultur               0,18 – 2,82                   0,53                           – ???
  • Möbel/Haushaltgeräte        0,20 – 3,16                   0,20                           – 0,00
  • auswärts essen                      0,15 – 2,40                   0,60                            – 0,45

insgesamt einsparbar bis zu – 2,91 + 0,50 (s. o.)

So gewaltig erscheint das nicht, was ich durch Verzicht auf Auto, Flugreisen, Schiffsreisen, saisonal-regionale Biokost, weitgehend tierfrei, sparsames Auswärtsessen, Freizeitleben, Kleidungskauf und Neukauf von Möbeln bzw. Haushaltgeräten einsparen kann. Von knapp 10 t CO2 komme ich dann auf knapp 7,5 t.

Was ich nicht beeinflussen kann:


 

  • 0,59 t Grundnahrungsmittel,
  • 0,34 Kleingeräte,
  • 0,37 Ver- und Entsorgung, ‚
  • weitere Konsumgüter‘ 0,73 t,
  • 0,56 Häuserbau,
  • 0,82 öffentl. Dienstleistungen.

Das macht zusammen bereits 3,41 t CO2/Jahr. Auch am Heizen/Warmwasser mit ca. 1,60 t kann ich ohne Umzug in eine kleinere Wohnung kaum sparen. Macht bis hier bereits 5,01 t jährlich.

Was ist die Folge? Einerseits kann ich engagiert im Alltag selbst bis zu 2,5 t einsparen. Doch ist dies mit harten Einschnitten in meine bisherigen Gewohnheiten verbunden.

Will ich mehr, dann komme ich nicht um ein öffentliches Engagement herum, das mich wirksam und sympathisch zum Multiplikator macht. Ich muss werben und überzeugen – in politischer, öffentlicher Arbeit im Ehrenamt. Auch finanzielles Engagement, wie ich es bereits betreibe, ist hier wirksam in Sinne von Umweltschutz.

Wie sieht es mit meiner Motivation aus, wenn ich an die praktische Umsetzung denke? Ich spüre starken inneren Widerstand – vor allem beim größten Posten ‚eigenes Auto‘ (Potential -1,60 +0,50 s. o.). Auf Flug- und Schiffsreisen dagegen kann ich leicht verzichten (Potential – 0,45). Als dritter stark wirksamer Faktor wirkt das Auswärtsessen mit Eisdiele und Restaurant. Hier kann bei bewusster Begrenzung auf 1xwöchentlich Eis und einmal im Monat Restaurant gut – 0,30t eingespart werden.

Jetzt kommt die Frage des echten Wollens:

  • Auto: sehr schwierig,

  • Reisen 0,45 – 0,90 bei Verzicht auf Norwegenfahrt,

  • auswärts essen 0,30 bei bewusster Begrenzung

Ohne auf das Auto zu verzichten ist mit vertretbarem inneren Aufwand also mehr als eine Tonne CO2 einsparbar für mich. Das ließe sich sofort umsetzen, wenn ich ein neues Urlaubskonzept entwickele (z. B. mit Campingplatzübernachtungen in der Eifel oder anderswo in der Nähe) und bewusste Einschränkung von Auswärtsverpflegung praktiziere wie auch kommuniziere.

Ist das ein guter Start ab 2019, Greta?

Ist doch nicht so einfach: Norwegen blieb stets alkoholfrei – das gilt es zusätzlich zu sichern. Das gilt auch fürs Abnehmen dort. Kann das auch Campingplatz bzw. Norddeich leisten?

Vorrangig fühle ich aktuell eher einen Verlust, wenn ich auf Norge verzichte. Das ist negativ besetzt. Wenn es mir aber gelingt, diesen Schritt als ein Geschenk an diese Welt zu betrachten, die mir schon so viel geschenkt hat, dann würde ich für diesen eine positive Besetzung erreichen, was ihn besser gelingen ließe.

Vielleicht ließe sich auf ähnliche Weise auch der Abschied vom Wohnmobil einleiten: Ich würde es nach 32 Jahren Wohnmobilbesitz mit Dank an diese mir wohl gesonnene Erde zurück geben.

Wäre das eventuell auch ein Grundgedanke zur Aufgabe des großen Eigenheims und zum Umzug in etwas schickes Kleines?

Nicht will ich hier den Eindruck erwecken, ich lebe in der Illusion, mit meiner privaten Verhaltensänderung das Klima spürbar bessern zu können. Wohl lebe ich aber in der Überzeugung, dass es auch so etwas wie ‚ansteckende Gesundheit‘ gibt. Mein Beispiel wirkt hoffentlich sympathisch und regt auch andere an, Dinge zu versuchen, die ihnen bei mir gefallen. Bedrängen will ich mit dem Thema niemanden. Bis es mir zu meiner Sache wurde, hat es ja auch fünf Jahrzehnte benötigt und die Angelegenheit ist für mich noch längst nicht fast zu Ende.